Darf Kunst denn wieder schön sein?

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„Dieses Bild ist schön! Eine schöne Ausstellung!“ Noch vor einigen Jahren wusste man nicht so recht, ob diese Bemerkung nun ein Ausdruck der Bewunderung oder eine Abwertung sein sollte. Bis zum Jahrtausendwechsel wurde Schönheit in der Kunst ja meist verdächtigt, zu harmonisch, zu gefällig und zu reaktionär zu sein. Man kämpfte gegen die Vormacht des Ästhetischen in der Kunst und das fast ein Jahrhundert lang. So wurde ein schönes Bild oft nur als Dekoration, vielleicht sogar als Kitsch angesehen.

Dass Schönheit im Alltagsleben aber immer wichtiger wurde, ja dass wir längst vom  Schönheitswahn gepackt wurden, sehen wir alltäglich um uns herum, ob wir es nun mit dem Geschäft der Schönheitsindustrie, den zahlreichen Diätplänen oder immer häufigeren oder abwegigeren Schönheitsoperationen zu tun haben. Mit der Computertomographie lässt sich inzwischen unsere Hirnaktivität messen und es kann bewiesen werden, dass wir alle sehr positiv auf ein schönes Erscheinungsbild reagieren. Die Märchenwahrheit „Schön ist gut“ und „Hässlich ist böse“ sitzt tief in unseren Köpfen.

Jetzt zu Beginn des 21. Jahrhunderts widmet sich auch die Kunst erneut der Schönheit. Dabei wird dies immer wieder der Nähe zum Design und dem Einfluss der außereuropäischen Malerei zugeschrieben, die in den letzten Jahren bei internationalen Gruppenausstellungen und in Auktionssälen stark vertreten war. So zeigte die Ausstellung „Über Schönheit“ (2005) im Berliner Haus der Kulturen vor allem asiatische Künstler. Vorher schon machte der dänische Künstler Olafur Eliasson mit seinen Inszenierungen einer künstlichen Natur auf sich aufmerksam und nannte bereits 1993  einen künstlich erzeugten Regenbogen einfach „Beauty“. 1994 eröffnete der britische Skandalkünstler Damien Hirst dann seine Ausstellung „Beautiful drawings“. Im Jahre 2009 erhielt Richard Wright schließlich für die Schönheit seines goldenen Ornaments den Turner-Preis. Andere Beispiele neuer, schöner Kunst lassen sich leicht finden.

gruene-fluesse-und-doppelte-sonnenuntergaenge Ein bekanntes Werk von Olafur Eliasson

(Fotografie von Thomas Pintaric)

Die Schönheit ist also wieder salonfähig! Die Bemerkung „Dieses Bild ist schön! Eine schöne Ausstellung!“ darf getrost als ein Kompliment aufgefasst werden.  Dabei ist die Hässlichkeit nicht tabu, sie gibt vielmehr bei all den Problemen und Fragestellungen unserer Zeit immer noch den Ton an. In der Postmoderne ist eben alles möglich. Das galt allerdings schon immer für so manchen Einzelgänger und für den französischen Maler Henri Matisse, der sich trotz des Hässlichen und Schrecklichen in der Kunst des 20.Jahrhunderts der Schönheit widmete :

Wer wirklich etwas zu sagen hat, wird dazu gedrängt durch die Empfindung, die ihn sein Werk seinem eigenen Wesen gemäß ausführen heißt.
(Henri Matisse, Über Kunst, Diogenes, 1993, S.144)

Letzendlich kann jeder Künstler für sich entscheiden, was für ihn gilt . Gott sei Dank!


Tipps:

  1. Ein interessanter Artikel über Damien Hirst in Berlin in Spiegel online
  2. Bis zum 2.Januar 2011 findet z.Zt. im Dresdener Hygiene-Museum eine Ausstellung unter dem Titel „Was ist schön?“statt.
  3. Die Ausstellung „Innen Stadt Außen“ von Olafur Eliasson findet bis zum 9. August 2010 im Martin-Gropius Bau / Berlin statt.

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