Leicht und spontan war der Zugang zu Bachs Musik für mich nicht. Inzwischen lässt sie mich jedoch nicht mehr los und sie wird immer wieder zu einer Inspirationsquelle für meine Malerei .
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Hier fünf Beispiele:
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Johann Sebastian Bach war zwar zu seinen Lebzeiten regional bekannt, aber das breite Publikum erreichte er erst viel später, nachdem der junge Mendelssohn- Bartholdy ihn „wiederentdeckt“ hatte.
In ihrem Buch „Die kleine Chronik der Anna Magdalena Bach“ klagt Bachs Frau sogar darüber, dass die Menschen seine Musik bereits kurz nach seinem Tod vergessen haben:
Nun, da er dahingegangen, haben die Menschen ihn vergessen, seine Musik kommt nur noch selten zu Gehör, und an die Söhne Friedemann und Emanuel denkt man mehr in dieser Zeit als an ihren Vater; aber ich kann nicht glauben, dass dies immer so bleiben wird. Seine Musik ist doch eine ganz andere als die ihre, man tritt meinem Gefühl nach in eine ganz andere Welt ein, wo es heiter-überweltlich zugeht und die Sorgen und Gedanken der Erde kein Gewicht mehr haben. In seinem Herzen lag der Kernpunkt von Frieden und Schönheit.“ ( Koehler&Amelang,7.Auflage,S.137)
Anna Magdalena Bach hat geahnt, dass er nicht vergessen wird, aber konnte sie sich damals auch schon vorstellen, wie viele Spuren er, abgesehen von der Kirchenmusik, weltweit in klassischer Musik, im Jazz und im Tanz hinterlassen würde?
P.S. Einige dieser Bilder wurden auch auf der Bach Cantatas Website übernommen. Dort kann man noch viele Bilder anderer, auch sehr bekannter, Maler sehen, die die Musik von Joh. Seb. Bach zum Thema haben.
Auf den ersten Blick wirken diese Bilder ganz schön überraschend. Johann Sebastian Bach – klingt das nicht nach klaren Linien und dezenten, vielleicht eher kühlen Farben? Aber…
Man darf natürlich das Skelett nicht mit dem Körper und den Körper nicht mit der Seele verwechseln. So sehr Bach auch der Botschafter des Lichten und Klaren ist. Er ist eben ein Brückenbauer und nicht ein unerreichbarer Jenseitiger. Und bei näherer Betrachtung sind die Strukturen durchaus erkennbar. Nur wirken sie eher organisch. Die Musik von Bach zu spielen ist eine Gratwanderung. Spielt man sie zu streng nach den Noten, wird sie so trocken, dass die Musik gleichsam zwischen den Noten davonbröselt. Und versucht man, zu viel von dem hineinzulegen, was unter der Oberfläche brodelt, kann die Interpretation manieriert und affektiert wirken. Der Interpret darf also die Tiefe dieser Musik gleichsam nur andeuten – und sich darauf verlassen, dass die Zuhörer im Stande sind, die Musik vielleicht nicht zu Ende aber doch ein Stück weiter zu empfinden.
In diesem Sinne erlebe ich diese Bach-Bilder nicht als Abbilder der erklingenden Musik, sondern als Nachklänge. Es sind auch nicht fixfertige Deutungen der Musik. Aber doch mehr als nur Andeutungen.
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Ein Montagmorgen mit Überraschungen!! Und eine solch schöne!
Darauf war ich nun gar nicht gefasst!
Du hast Recht, wenn du diese Bach-Bilder als Nachklänge siehst! Die Unterscheidung von Skelett, Körper und Seele und auch von Deutung und Andeutung finde ich in diesem Kontext sehr passend!
Ich möchte dem Betrachter nichts aufdrücken.
Und fixfertige Deutungen strebe ich auch nicht an. Ob es die überhaupt gibt?
Herzlichen Dank, dass du dir so viel Zeit genommen hast und deine Gedanken dazu wieder in solch tiefsinnig-passende Worte gefasst hast!
Einen schönen, sonnigen Tag!
P.S. Beim weiteren Duchlesen bin ich immer mehr erstaunt, was du da alles in deinem, wie ich finde, hochkarätigen Kommentar reingepackt hast und was auch zu Gedankenfutter für mich wird.
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Herzlichen Dank für dein Feedback. Es freut mich sehr, dass meine Worte solchen Anklang finden. :) Für mich war es – von der ersten Bildbetrachtung bis zum fertigen Kommentar – eine spannende Reise in mehreren Etappen. Zunächst war es für mich wichtig, die Bach-Thematik völlig (oder zumindest so weit als möglich) auszublenden. Ich finde es immer wichtig, dass der erste Blick möglichst unverscheuklappt ist. Kunstwerke (egal welcher Gattung) beinhalten oft Geheimnisse, die über die bewussten Intentionen der Urheber hinausgehen. :)
Unter dem Bach-Aspekt gesehen haben die Bilder dann meine (ohnehin eigentlich unbegründete) ursprüngliche Erwartungshaltung nicht erfüllt. Anstelle eines malerischen Pendants von Notentexten fand ich dagegen diesen Staffellauf. Keiner legt die ganze Strecke zurück. Der Staffelstab wandert vom Komponisten zum Interpreten zur Malerin zum Betrachter. Eine fixfertige Deutung kann es streng genommen kaum geben. Wohl aber den Versuch, seine persönliche Deutung möglichst vollständig wiederzugeben. Aber ob man nun ein Werk akustisch wiedergibt oder optische Nachklänge schafft – wichtig ist, dass man dies mit ganzem Herzen tut, ohne gleich alles, was man in diesem Zusammenhang auf dem Herzen hat, hineinzustopfen. Das ist ja ein wesentlicher Unterschied. Das merkt man ja manchmal bei der Musik – es kann sehr irritierend sein, wenn Musiker einen mit ihrer Interpretation gleichsam überwältigen wollen. Vor diesem Hintergrund hat mich dieses ‚keine fixfertigen Deutungen aber mehr als nur Andeutungen‘ in den Bildern sehr angesprochen. :)
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Na, das tut gut zu wissen, was die Bilder mit dir gemacht haben und wieviel Zeit du dir dafür genommen hast…Und dass das für dich spannend war!
Der Staffellauf…(mit dem Stab namens „Inspiration“ ?;) ) hat mir gestern viel mehr eingeleuchtet als heute. Er hat mich geradezu fasziniert…
Jetzt kommt mir dagegen immer mehr das Bild mit einem Steinwurf ins Wasser. Der Stein, der geworfen, seine Kreise im Wasser zieht…und auf den Kreisen immer andere Steinwürfe mit neuen Kreisen. Und einen Stein mit Kreisen hat in diesem Fall Bach geworfen! Wir werfen in diesem Fall auf seinen Kreisen je einen Stein mit neuen Kreisen…;)
Vorstellbar und bachklar??
Herzlichen Dank für diesen schönen, anregenden Gedankenasutausch!
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Solche vergleichenden Bilder hängen in ihrer Wirkung halt schon sehr stark davon ab, aus welcher Perspektive wir sie betrachten. Meist gibt es einige Aspekte, die wunderbar passen, während das Bild an anderen Ecken nicht wirklich stimmen will. Wahrscheinlich braucht es ein Mosaik, bei dem man die jeweiligen Bilder so platziert, dass die passenden Aspekte zur Geltung kommen.
Beim Steinwurf-Bild finde ich die Vorstellung der sich ausbreitenden und interagierenden Wellenbewegungen bestechend. Eine Handlung hat eine lange anhaltende Auswirkung. Und das Bild passt auch schön zu den Klangwellen, die sich ausbreiten. Dagegen fehlt den Steinwürfen für mein Empfinden das Element der bewussten Handlung, der ineinander übergreifenden Aktion der Beteiligten. Auch wenn die Steine absichtlich und gezielt geworfen werden, ist da viel ‚random’ mit im Spiel. Diesen Aspekt würde ich beim Mosaik dann durch ein anderes Steinchen eher kaschieren. ;)
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Herzlichen Dank für deine einfühlsamen Gedanken!
Und das Mosaik ist eine nette, überzeugende Idee ;)!
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:)
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